Leider sind mit der zweiten Flurbereinigung und der damit verbundenen Zusammenlegung der Äcker zu großen Flächen auch viele der alten Flurnamen verschwunden. Die Flurnamen weisen häufig auf historische oder geographische Gegebenheiten im betreffenden Flurstück hin.
Das Flurstück „an der Schweiz“ hat z. B. seinen Namen vermutlich vom althochdeutschen „snedan“ = verbrennen. Die „Schweiz“ hat in diesem Falle also nichts mit dem gleichnamigen Alpenstaat zu tun, sondern bezeichnet eine Stelle, an der Wald durch Verbrennen gerodet wurde, um Ackerland zu gewinnen. In einiger Entfernung vom Dorfe tragen die Felder Benennungen, die auf frühere Wasser- oder Sumpfflächen hinweisen. Hinter diesen folgen große Flurteile, deren Namen auf früheren Waldbestand deuten. Alle Flurteile, die nach Bäumen oder Waldgründen benannt sind, liegen entweder jenseits des Baches oder hinter den Äckern, die früher Sumpfland oder Weiher waren. Bis zum Bach bzw. den Sumpf- oder Wasserflächen konnte das Feuer den Wald verzehren, am Wasser war den Flammen durch die Natur Einhalt geboten(1).
Im folgenden habe ich die alten (um 1710), bereits lange vor der ersten Flurbereinigung existierenden, Flurnamen(2) aufgeführt und, wenn möglich eine Erklärung des Namens gegeben:
Clesberg, Clesrain: „Cles-“ = Nikolaus, Feldstücke an der Nikolauskapelle.
Ober den Weinbergen, unter den Weinbergen, die Weinberge: Auch Eßfeld hatte Weinberge, es handelte sich dabei um kleine Weingärten auf den südwärts gerichteten Hängen. Schon im 13. Jahrhundert ist Weinbau in Eßfeld urkundlich belegt, jedoch bereits 1516 wird von Weinbergen gesprochen, die wüst geworden sind und nicht mehr neu bepflanzt wurden. Bedingt durch Mißernten und Verwüstungen durch streifende Soldatenhaufen, besonders während des Dreißigjährigen Krieges, nahm der Weinbau immer mehr ab, bis er im 19. Jahrhundert ganz verschwand(3).
Klingenrieth, Klingholz, Klinghöhe, Klingenacker: „Klinge“ bezeichnet normalerweise ein enges Kerbtal. Davon kann in diesem Flurstück jedoch nicht die Rede sein. Vielleicht hängt der Flurname mit dem Verb „klingen“ zusammen, wie ältere Dorfbewohner vermuten. Wenn man von der Klinghöhe ins gegenüberliegende Klingholz ruft, gibt es jedenfalls ein auffälliges Echo.
Klingweg am Steinbruch: das Flurstück befindet sich in der Nähe des Klingholzes, dort befand sich im vorigen Jahrhundert ein kleiner Steinbruch.
An der Schweiz: durch Feuer gerodetes ehemaliges Waldstück (s. oben).
Endresgrüben: „Endres“ kann entweder vom gleichlautenden Familiennamen oder vom Vornamen „Andreas“ abgeleitet sein, weist also auf einen früheren Besitzer hin.
Hofacker: „der Hof“ war der Zehnthof, der zum ältesten Teil von Eßfeld gehört.
Seepfad, Wasserland, Winterhäuser Teicht, Riethbrünnlein, Seepfad, Straßenrieth, am Rieth, Bintzenacker: Hinweise auf früheres Sumpfland, das erst durch Trockenlegung urbar gemacht wurde.
Hinter der Kirche: der Name spricht für sich, er bezeichnet die Äcker hinter der Kirche.
Kirchgraben, Grabenacker, Grabengarten, neben dem Dorfgraben: Hinweis auf den bis zum 18. Jahrhundert vorhandenen Graben, der das Dorf und die Kirche umschloß. Der Graben an der Kirche gehörte zur Verteidigungsanlage einer mittelalterlichen Kirchenburganlage.
Dreiershallen, Dreischallen: „-shallen“ oder „-schallen“ kommt wahrscheinlich vom Familiennamen „Schaller“; er bezeichnet den oder die früheren Besitzer.
Am Esselbüschlein (Essigbüschlein): „Essel-“ oder „Essig-“ kommt wohl von „Eichel-“, was auf die Rodung eines Eichenwäldchens hindeuten könnte.
Dorfsheeg: Zusätzlich zum Dorfgraben war das Dorf von einem Hegzaun aus Hecken umgeben, der zum Schutz diente. 1716 wurde der Hegzaun neu angelegt(3), ist heute aber ganz verschwunden.
Leymengruben: Der Name ist abgeleitet von der „Lehmgrube“, die sich am oberen Dorfausgang befand. Lehm war ein wichtiger Baustoff für Fachwerkhäuser.
Fron Egerten: Der Name hängt wahrscheinlich mit dem Fronhof zusammen und bezeichnet wohl die zu diesem Hof gehörenden Felder.
Burkholz, im Burglein, Burgleinweg, an der Burgstraße: Diese Flurstücke befinden sich alle am äußersten Rand der Gemarkung in Richtung Geroldshausen. „Burk“ (= Burg) kann sich daher nicht auf den früher in Eßfeld bestehenden Adelssitz beziehen. Urkundliche Hinweise auf eine Burg oder burgartiges Gebäude an dieser Stelle sind nicht zu finden. Dies läßt den Schluß zu, daß es sich vielleicht um ein vorgeschichtliches Bauwerk, z. B. eine Keltenschanze handelte, die als „Burg“ bezeichnet wurde und im Laufe der Zeit durch die landwirtschaftliche Nutzung eingeebnet wurde. Es sind heute keine Hinweise im Gelände auf ein Bauwerk zu finden, was auf eine frühzeitige Zerstörung schließen läßt. „Burkholz“ bezeichnet ein ehemaliges Waldstück (-holz) von 30 Morgen Größe, das 1793 gerodet wurde(4) und im gleichen Flurteil lag.
Am unteren Thor: Hinweis auf das Torhaus, das den Ort nach Osten abschloß.
Hopfenberg: Hinweis auf Hopfenanbau in Eßfeld.
Mühlhölzlein: „-hölzlein“ = früher ein Wäldchen in der Nähe der Weidenmühle.
Mühlenäckerlein, Mühlweg: Ortsbezeichnungen, die sich von der in der Nähe gelegenen Weidenmühle ableiten.
Am oberen Thor: Ungefähr an der Stelle, wo sich heute der ehemalige Michelsaal befindet, stand bis 1821 das obere Torhaus, das den Ort nach Westen abschloß.
Unter der alten Weth: Der Dorfweiher, der von einem Nebenarm des Saarbachs, dem „Wethbach“, gespeist wurde.
Drei Weidenbäume: Dieser Name spricht für sich, die drei Bäume waren sicher eine auffällige Geländemarkierung in der ansonsten weitgehend baumlosen Ebene.
Baumacker: Auch dieser Name weist auf Bäume als besonderes Merkmal hin.
Herrgottsrain, Kleinbergrain: Die Endung „-rain“ bezeichnet einen erhöhten Grenzstreifen. Die Vorsilbe „Herrgotts-“ könnte von einem Bildstock stammen.
In der Strick: Damit wurde wahrscheinlich ein Flurstück mit sehr schmalen Ackerstreifen bezeichnet.
Am Häg, uff dem Häg (Hag): Kommt vom alt- hochdeutschen (ahd.) „hages“ = Einfriedung, Dorngebüsch und bezeichnete früher die gemeindliche Viehweide, die durch einen Zaun abgegrenzt war.
Schleifweg: Vor der ersten Flurbereinigung gab es praktisch keine Wege, es wurde über die Felder gefahren. Als Schleifweg wurden die Ackerteile bezeichnet, die von der Pflugschleife beim Wenden des Pfluges befahren wurden.
Himmelreich: Der Name könnte entweder eine Fantasiename für dieses höher gelegene Flurstück oder aus dem alten Wort „Himmerich“ (ahd. „himberich“) für Himbeere entstanden sein. Was auf zahlreiche Himbeerbüsche hinweisen würde.
Ohnspach: Leitet sich möglicherweise vom ahd. „Om“ = Ahorn ab. Zusammengesetzt würde sich also eine Bezeichnung für einen mit zahlreichen Ahornbäumen besetzten Bach ergeben.
Schaftrieb: Der Name weist auf die früher in Eßfeld bestehende Schäferei hin.
Am Leger (Lager): Der Name könnte sich von dem Wort „leber, lewer“ ableiten, das wiederum vom ahd. „lewain“ = Hügel, Erdauswurf stammt. Er würde damit evtl. auf vorgeschichtliche Grabhügel hinweisen. Tatsächlich wurden in diesem Flurstück einige archäologische Funde gemacht.
Breitenstein: Auch dieser Name weist auf alte Grenz- oder Meilensteine bzw. auf vorgeschichtliche Grab- oder Kultstätten hin. Gleich in der Nähe wurde ein Gräberfeld aus der Urnenfelderzeit ausgegraben.
An der Saalen, Saalenpfad: Möglicherweise wurde dieser Name vom ahd. „sal“ = Halle, Wohnung bzw. vom germanischen „salaz“ = Wohnhaus abgeleitet und würde damit auf eine ehemalige Siedlungsstelle hinweisen.
Gußgraben (Gießgraben): Kommt wahrscheinlich vom ahd. „gussa“ = „Wasserschwall, Überschwemmung“, ein Flurstück mit zahlreichen Quellen.
Am Mörig: Der Name läßt sich vielleicht auf „Mergel“ = kalkhaltiger Ton zurückführen. Ausbringen von Mergel zur Düngung wurde schon von den Römern praktiziert.
An der Beunt (Point): Kommt vom ahd. „biunt“ = das aus der Allmende (Felder im Besitz der ganzen Gemeinde) ausgeschiedene, dem freien Anbau vorbehaltene Land.
Holzweg: Die Vorsilbe „Holz-“ bedeutet „Wald“, bezeichnet also ein Flurstück in der Nähe eines Gehölzes.
Oberer Gewend, mittlerer Gewend: „Gewann“ (ahd. „gewant“) war früher ein Längen- (16 Ruten von je 16 Schritt) und Flächenmaß (ca. 1 Morgen). Heute wird damit im allgemeinen ein aus gleichartigen Äckern bestehender Teil der Flur bezeichnet.
Spittelwiese: Der Name soll laut Überlieferung auf ein Lazarett (Spital) zurückgehen, das im Dreißigjährigen Krieg an dieser Stelle gestanden haben soll. Im letzten Jahrhundert sollen sogar noch Reste davon zu sehen gewesen sein. Eine andere Deutungsmöglichkeit ist, den Namen auf das Juliusspital in Würzburg oder ein anderes Spital zurückzuführen, das die bezeichnete Wiese vielleicht einmal besessen hat.
Manche Bezeichnungen enthalten Tiernamen: Hundsrück, Hundsberg: „Hund“ wird häufig als Ausdruck für Negatives und Schlechtes verwendet. Der Name bezeichnet wahrscheinlich minderwertige, schlecht zu bebauende Flurteile.
Hirschberg: Ein Name, der wohl einfach der Fantasie entsprungen sein dürfte.
Für einige Namen stand offensichtlich die Geländeform Pate:
Bodenacker: Abgeleitet vom ahd. „bodam“ = ebenes Land.
Ebweg: Ebenfalls eine Bezeichnung für ein ebenes Flurstück.
Auf dem Buck: Abgeleitet von „Buckel“.
Manche Flurnamen lassen sich auf eine besondere Form der Ackerstücke zurückführen:
Schlüsselacker: Wahrscheinlich eine Ackerspitze, die in ihrer Form an einen Schlüssel erinnerte.
Pfanne: Das Waldstück im Anschluß an das Klingholz hat den Schöpfer dieses Namens wohl an ein sog. Pfannenholz erinnert, ein spitzwinkliges Holz, auf das früher die Pfannen gestellt wurden.
Ferner gibt es Flurnamen, die sich auf die Lage sowie geographische Besonderheiten beziehen: am Berg, am kleinen Berglein.
Folgende Namen konnten nicht gedeutet werden: Am Beinlein, Leidlein, ober der roten Thür, bei dem Däber.
Weitere, noch ältere Flurnamen, die um 1710 nicht mehr genannt wurden, kann man aus alten Urkunden herauslesen:
am Bubenpfad, gein dem Rigell hinausz, in dem Hubholz (Wald), Osthey (=Ostau), an der Heinhartlein (5).
großer Rodacker, am Mörlespach, die Dreispitz (Weinberg), Saarwiesen, im Thiergarten, am Kettner (später am Hundsberg), ober dem Kirchberg am Humpfer, ober dem Anspann (6).
Nach der ersten Flurbereinigung 1904 bis 1910 erschienen in den Flurkarten weitere Flurnamen, die sich meist auf Verbindungswege zu den Nachbarorten (z. B. am Acholshäuser Weg) oder die in den 1820er Jahren erbaute Staatsstraße (z. B. an der Staatsstraße) bezogen. Auch Bildstöcke wurden zu Namensgebern für Flurstücke (z. B. am Stoffelbild, an der Grenztafel).