Ein Arbeitstag im Leben eines Bauern – bei Betrieben mit Viehhaltung also jeder Tag – war mit schwerer körperlicher Arbeit ausgefüllt. Diese Tage verliefen immer nach dem gleichen Schema.
Das Tagwerk begann bereits morgens um 5 Uhr, in der Erntezeit sogar noch früher. Als erstes mußte das Vieh im Stall versorgt werden. Nach dem Füttern und Ausmisten wurde vom Bauern und den Dienstboten eine Morgensuppe eingenommen, die die Kräfte für die weitere Arbeit mobilisieren sollte. Die Frauen tranken Kaffee, wobei sich die reichen Eßfelder Bauern zumindest bis zum Ersten Weltkrieg echten Bohnenkaffee leisteten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde hauptsächlich Malzkaffee getrunken, Bohnenkaffee kam nur noch an Feiertagen auf den Tisch.
Meine Großmutter erzählte, daß der morgendliche Kaffee in unserer Familie einmal sogar zur Ehevermittlung gedient habe. Meine Urururgroßmutter Kunigunde Neeser, die 1843 von Rodheim nach Eßfeld heiratete, soll von dem morgendlichen Kaffee, der in ihrem Heimatort nicht üblich war, so begeistert gewesen sein, daß sie sich schließlich für die Ehe mit meinem Urururgroßvater Michael Breunig entschloß. Diese Anekdote zeigt unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt, daß sich die Eßfelder Bauern aufgrund ihres Wohlstandes einen gewissen Luxus leisten konnten.
Nach diesem morgendlichen Imbiß ging die ganze Familie um 6 Uhr in die Frühmesse. Für die Kinder begann anschließend die Schule, die anderen Familienmitglieder gingen wieder an die Arbeit. Bis ungefähr 10.30 Uhr wurde je nach Jahreszeit auf dem Acker, im Winter auf dem Hof gearbeitet. Anschließend gab es eine Brotzeit. Danach ging es noch einmal zum Füttern in den Stall. Von 11 bis 11.30 Uhr wurde zu Mittag gegessen und danach wieder die Arbeit vom Vormittag aufgenommen. Auf dem Acker wurde bis ungefähr 18 Uhr gearbeitet. Danach ging man heim, um gemeinsam die Nachmittagsbrotzeit einzunehmen. Diese Stärkung war sicher wohlverdient, denn es war noch kein Feierabend, die Stallarbeit war noch zu erledigen. Nach der Abendfütterung des Viehs gab es noch einmal Kaffee.
Die Zeit bis zum Schlafengehen füllten die Frauen meistens mit Handarbeit aus, die Männer flochten Körbe, lasen Zeitung oder gingen einer anderen Beschäftigung nach. Außerdem wurde viel erzählt. Die Familie saß zusammen in der Stube, es herrschte ein viel ausgeprägteres Familienleben als heute.
Spät wurde es beim Feierabend nicht. Man ging bald ins Bett, schließlich folgte wieder ein schwerer Arbeitstag.