Ohne das lebenspendende Element Wasser kann auf die Dauer keine menschliche Siedlung existieren. Die ersten Siedler richteten sich daher immer nach dem Vorhandensein von Quellen. Auch die erste Ansiedlung in Eßfeld auf dem Nikolausberg lag in der Nähe einer Quelle. Eßfeld war relativ reich an Wasser, so daß viele Höfe ihren eigenen Brunnen hatten. Im Hause meiner Urgroßmutter Apollonia Körner (Nr. 82) gab es sogar fließend Wasser in der Küche, das aus einer nahegelegenen Quelle herangeführt wurde. Neben den einzelnen privaten Brunnen, von denen heute nur noch wenige erhalten sind, gab es auch öffentliche Gemeindebrunnen. Nach den Unterlagen des Landesvermessungsamtes existierte ein solcher zwischen den Anwesen Nr. 18 und 19 am Kirchberg, sicher nicht unproblematisch wegen des nahegelegenen Friedhofs.
Ein weiterer Gemeindebrunnen wurde nach einem Beschluß der Gemeindeversammlung vom 3. August 1890 neben dem Garten des Andreas Pfeuffer (früher Hs.-Nr. 53, heute Töpferei Bösl) errichtet. Er sollte für die Versorgung der Häuser 48 bis 54 (Geisberg) dienen. Auch im Hof von Nr. 45 (Kolb) befand sich eine Brunnenstube mit öffentlichem Brunnen. Die Brunnen hatten den Nachteil, häufig Oberflächenwasser zu führen, was öfter zur Verunreinigung z. B. durch Jauche führte. Außerdem war der Wasserstand sehr unterschiedlich, so daß ein trockener Sommer so manchen Brunnen versiegen ließ.
Die Tiefe der Eßfelder Brunnen wird in einem Bericht von 1861 mit 38 Fuß (ca. 11 m) angegeben, in der Nähe der Quellen 7 Fuß (ca. 2 m).
Um eine angemessene Wasserversorgung aller Häuser und Höfe zu erreichen, wurde bereits Anfang dieses Jahrhunderts mit der Planung einer Wasserleitung begonnen. Die Abstimmung der Gemeindebürger am 24. Mai 1903 ergab mit 31 zu 21 Stimmen eine nicht allzu große Mehrheit für die Wasserleitung und die Errichtung einer Pumpstation(1). Viele Bauern, besonders diejenigen mit eigenem Brunnen, hielten die Versorgung mit Wasser für ausreichend und daher eine Wasserleitung für überflüssig.
Bedingt durch den Widerstand vieler Gemeindebürger verzögerte sich die Einrichtung der Wasserleitung. Es folgten noch mehrere Abstimmungen, in denen die genauen Modalitäten, z. B. die Einbeziehung vorhandener Quellen, geklärt wurde. Fünf Jahre nach der ersten Abstimmung, am 29. November 1908, entschieden 67 erschienene Gemeindebürger mit ihren insgesamt 253 Stimmen endgültig für die Einrichtung der Wasserversorgung mit 210 zu 43 Stimmen(2).
Im Jahre 1910 war das Werk vollendet. Eßfeld besaß als eine der ersten Gemeinden des Landkreises Ochsenfurt eine zentrale Wasserversorgung. Dazu gehörten zwei Reservoire mit insgesamt 280 Kubikmeter Inhalt, 33 Hydranten und eine Pumpstation mit Benzinmotorpumpwerk. Die Kosten beliefen sich auf 41 740 Mark(3).
Die alte Kreiselpumpe im Pumpenhaus
Nach der Einrichtung von Elektrizität in Eßfeld 1912 wurde 1953 eine elektrische Kreiselpumpe installiert, 1954 eine zweite Pumpe mit Benzinmotor, um die Wasserversorgung auch bei Stromausfall zu gewährleisten, besonders im Hinblick auf Brandfälle.
Durch das Verlegen der Wasserleitungen versiegten in einigen Höfen von einem Tag auf den anderen die Brunnen. Dies führte natürlich zu Unstimmigkeiten. Als Entschädigung wurde diesen Haushalten für einige Jahre umsonst Wasser geliefert. Michael Körner erhielt z. B. 30 Jahre lang umsonst Wasser(4), weil seine nun abgegrabene Quelle zur Speisung des Ortsnetzes verwendet wurde und er praktisch für sein eigenes Wasser hätte zahlen müssen.
Trotz aller Unstimmigkeiten erkannten die Einwohner jedoch bald die Vorteile der Wasserleitung, die u. a. eine große Arbeitserleichterung beim Tränken der Tiere bedeutete.
Bis zum Jahre 1986 hatte Eßfeld eine eigene Wasserversorgung. Da die Wasserqualität angeblich nicht immer einwandfrei und eine ausreichende Versorgung nicht immer gewährleistet war, wurde Eßfeld an die Fernwasserversorgung angeschlossen. Die Quelle, die sonst der Wasserversorgung des Ortes diente, ergießt sich heute in den Saarbach.
Lageplan des Quellgebiets der ehemaligen Wasserversorgung der Gemeinde Eßfeld.
Der Plan stammt ungefähr von 1910.
Um 1880 machten die Eßfelder erstmals Bekanntschaft mit der Elektrizität. Es wird erzählt, daß ein Mann mit einem Gestell, das wie ein Fahrrad aussah und an dem ein Dynamo befestigt war, in die Schule kam und durch heftiges Strampeln auf dieser Maschine Strom erzeugte, mit dem er einige Kunststücke vorführte. Er verteilte z. B. Stromschläge oder ließ durch statische Aufladung die Haare einer Versuchsperson zu Berge stehen. Die Begeisterung war verständlicherweise groß, auch wenn es sich mehr um Spielereien handelte.
Die neue Technik sollte bald darauf auch in Eßfeld Einzug halten. Bereits kurz nach der Errichtung einer zentralen Wasserversorgung wurde 1912 die Elektrizität in Eßfeld installiert.
Dadurch wurde der Einsatz von Elektromotoren in der Landwirtschaft ermöglicht. Auch in die Haushalte zog mit dem Strom und elektrischen Licht langsam der technische Fortschritt ein. Die neue Technologie war jedoch kostspielig, elektrisches Licht teurer als die bis dahin benutzten Leuchten.
Es wurden daher auf den meisten Bauernhöfen zunächst nur in Küche, Wohn- und Schlafzimmer sowie im Stall ein elektrischer Anschluß und Licht eingerichtet. In den ersten 30 Jahren nach der Einführung wurde Strom hauptsächlich zum Lichterzeugen genutzt; die meisten elektrischen Geräte kamen erst nach dem Krieg auf.
Bereits 1913 wurde beschlossen, eine elektrische Dorfbeleuchtung einzurichten(5). Auch hier zeigte sich Eßfeld wieder als fortschrittlich im Vergleich zu den meisten anderen Gaudörfern.
Das Ortsnetz hatte zuerst nur 110 V Spannung, 1955 wurde auf 220 V umgestellt.
Stromkarte von Eßfeld aus dem Jahr 1913
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren alle Wege und Straßen, sowohl im Ort als auch die Verbindungswege zu den Nachbarortschaften, unbefestigt planierte Pisten. Bei trockenem Wetter mögen diese genügt haben, jedoch führte anhaltender oder stärkerer Regen schnell dazu, daß Fuhrwerke mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Deren schmale, eisenbeschlagene Holzräder gruben tiefe Furchen in die Wege, bis sie schließlich feststeckten.
Um die Straßen einigermaßen trocken zu halten, gab es links und rechts der Straße tiefe Gräben, in denen Regenwasser, Jauche und sonstige Abwässer gesammelt und abgeleitet wurden. Dabei blieb viel Wasser in den Gräben zurück, die mangels Gefälle den größten Teil des Jahres regelrechte Tümpel bildeten. Im Winter froren diese zu und dienten der Dorfjugend als Rutschbahn.
Über diese Gräben gab es Überfahrten zu den Höfen aus Holzbohlen oder Steinplatten.
Die Höfe waren wie die Wege ohne festen Grund, was besonders in den tiefergelegenen Höfen bei Regen zu regelrechten Seenlandschaften führte. Damit die Höfe einigermaßen passierbar blieben, ging man dazu über, diese jährlich mit Kies und Schotter aufzufüllen.
Nach dem Bau der Staatsstraße Würzburg Bad Mergentheim (heute B 19), die die erste befestigte Straße aus verdichtetem Schotter war, ging man auch bei den Nebenstraßen dazu über, diese durch verdichtetes Steinmaterial zu befestigen.
An den Wegen in die Nachbarorte standen Bildstöcke, die im Winter als eine Art Wegweiser dienten. Am östlichen unteren Dorfausgang ging entlang des Saarbachs ein Weg in Richtung Darstadt, der aber nur bei trockener Witterung genutzt werden konnte. Vom unteren Ortsausgang führten auch Feldwege nach Tückelhausen und Acholshausen. Ein weiterer höher gelegener und damit trockener Weg führte vom nördlichen Dorfausgang nach Darstadt. Von dort führte auch ein Weg nach Fuchsstadt, der vor der Erbauung der Staatsstraße wohl der einzige Weg nach Würzburg war. Nach einigen 100 Metern in nördlicher Richtung zweigte der Weg nach Winterhausen ab. Als Wegweiser diente ein tiefer Hohlweg in Richtung Winterhausen. Dieser war mit Fuhrwerken kaum zu befahren, da er nach Winterhausen steil abfiel, kam daher also hauptsächlich für Fußgänger und Reiter in Frage. Diesen Weg von Winterhausen nach Eßfeld ging täglich der Postbote, da Eßfeld zur Poststation Winterhausen gehörte.
In nordwestlicher Richtung führten Wege nach Albertshausen und Geroldshausen. Letzterer gewann nach dem Bau der Eisenbahnlinie Würzburg Heidelberg in den 1860er Jahren an Bedeutung, da Geroldshausen die nächstgelegene Bahnstation war. 1921 wurde der Weg unter Bürgermeister Körner neu ausgebaut.
Im Zuge dieses Eisenbahnausbaus wäre Eßfeld fast selbst in den Genuß eines Bahnanschlusses gekommen. Eine der geplanten Trassenführungen hätte direkt an unserem Dorf, ungefähr auf Höhe der heutigen B 19, vorbeigeführt. Die Eßfelder Bauern sollen sich jedoch gegen diese Pläne gewehrt haben, aus Angst, der Rauch der vorbeifahrenden Züge würde das Getreide verderben.
Nach Giebelstadt und Ingolstadt führten Wege vom oberen Dorfausgang aus.
Nach dem Bau der Staatsstraße war man dazu übergegangen, die Straßen durch Schotter, der lose eingeschüttet und nur verteilt, aber nicht gewalzt wurde, zu befestigen. Dies mußte alljährlich neu erfolgen, was immer wieder viel Geld kostete. Als 1909 die Verbindungsstraße von der Staatsstraße (B 19) nach Ochsenfurt als Bezirksstraße ausgebaut wurde und damit die Ortsstraße zur Durchgangsstraße wurde, ging man dazu über, das Straßenmaterial mit der Walze fest einzubetten, was zu einer größeren Haltbarkeit führte. Außerdem wurden 1919 an den Straßenseiten Bürgersteige errichtet und Kanäle verlegt. Da durch die erhöhte Belastung als Durchgangsstraße die Hauptstraße oft überholt werden mußte, beschloß der Gemeinderat 1937, die Ortsstraße und die Kirchgasse mit Kleinpflaster belegen zu lassen.
Die Gesamtkosten beliefen sich auf ca. 23 000 Mark. Die Kosten konnten durch den Verkauf des Gemeindewaldstückes "Klingholz", das an die Wehrmacht abgetreten wurde, aufgebracht werden.
Die Nebenstraßen blieben auch weiterhin unbefestigt. Erst 1958 wurden alle Straßen asphaltiert. Auch in der Kirchgasse wurde das Pflaster durch Asphalt ersetzt. In der Hauptstraße ist das Pflaster bis heute erhalten. Die Feldwege wurden im Zuge der zweiten Flurbereinigung in den 70er Jahren befestigt und asphaltiert.
Als erstes öffentliches Verkehrsmittel für Eßfeld wurde 1911 eine Motorpostlinie von Würzburg nach Euerhausen eröffnet. Während der Sommermonate wurden drei, im Winter zwei Fahrten ausgeführt. Der oben abgedruckte Fahrplan zeigt, daß es keine genauen Abfahrts- und Ankunftszeiten gab. Nur der Fahrpreis war festgelegt. Der Tarif betrug 5 Pf. pro Kilometer. Die Fahrgeschwindigkeit war auf 15 km/h festgelegt(6).
Fahrplan der Motorpostlinie von Würzburg nach Euerhausen, 1915
Wie bereits oben erwähnt, floß früher das Abwasser in tiefen Gräben entlang der Straße ab und gelangte schließlich in den Bach. Unter Bürgermeister Michael Körner erhielt Eßfeld als eine der ersten Gemeinden im Bezirk Ochsenfurt im Zuge der Erneuerung der Dorfstraßen eine Kanalisation. Allerdings zuerst (1919) nur in der Hauptstraße und den angrenzenden Nebenstraßen. Die "Froschgasse" (Max-Eyth-Straße) wurde 1953 verrohrt, der Michelsberg und die Straßen um die Nikolauskapelle erst 1957. Die Kanalisation war anfangs nur für Oberflächenwasser gedacht; die Toiletten waren an hauseigenen Gruben angeschlossen, die auch die Abwässer der Ställe aufnahmen.
Erst nach dem Bau einer Kläranlage östlich des Dorfes nahm die Kanalisation sämtliche Abwässer auf. Für das Jahr 1970 gibt die Statistik an, daß bis dahin 70 Prozent der Häuser an die Kanalisation angeschlossen ware, 16 Prozent hatten eine Hauskläranlage, 7 Prozent beseitigten das Abwasser auf andere Art und Weise.
Heute sind alle Eßfelder Häuser an die Kanalisation angeschlossen. Die Abwässer fließen zur modernen Kläranlage nach Winterhausen. Die dorfeigene Kläranlage, die einfach aus zwei großen Becken bestand, wurde in den 80er Jahren entfernt.
Badespaß in der alten Badeanstalt
Eßfeld hatte früher sein eigenes Freibad, das als "Badeanstalt" bezeichnet wurde. Dieses Schwimmbecken wurde wahrscheinlich im Zuge der ersten Flurbereinigung 1910 für die Dorfjugend am Bach am westlichen Dorfausgang errichtet. Allerdings war das Badevergnügen den Jungen vorbehalten, Mädchen durften sich nicht beteiligen.
In der Folgezeit verwahrloste die Anlage und wurde nicht mehr benutzt. 1936 beschloß die Gemeindeverwaltung, die Badeanstalt wieder herzurichten, da auch die Schulbehörde Interesse an diesem Freibad zeigte.
Das Bad wurde bis in die 60er Jahre von der Dorfjugend benutzt. Später diente das Becken als Fischweiher. Es gehört heute Ferdinand Floth, der daneben einen Garten besitzt.
Die dörflichen Gasthäuser waren ein wichtiges Kommunikationszentrum. Hier trafen sich die Bauern am Sonntagnachmittag zum Schafkopf; es fanden Versammlungen und Feierlichkeiten statt. Das Wirtshaus war vor Einführung der modernen Kommunikationsmittel wie Radio und Fernsehen eine wichtige Informationsquelle. Hier wurden Neuigkeiten ausgetauscht aber auch heftig politisiert.
Ein solches politisches Streitgespräch im Gasthaus Michel (Nr. 32) hat Elise Döllein, die zeitweise in Eßfeld wohnte, in dem folgenden Gedicht 1913 in fränkischer Mundart beschrieben. Die darin auftretenden Personen haben damals wirklich in Eßfeld gelebt.
Ländliche Kritik an Frauenrechtlerinnen (Elise Döllein)(7):
- In Eßfeld daus beim Michelssepp,
- Höms letzt emol politisiert,
- Schier wäres kumma in dia Hitz,
- Aß Feuer woar scho wädli gschürt.
- Doa bringt dar Sepp dia Zeiting bei,
- Un saigt: Doa guckt emol doanei.
- Dinn stähts, wia d'Frauarechtlarinna,
- Doa düba hausa in England,
- Dos sen der no verrückti Weiber!
- Dia sen ganz außer Rand und Band,
- Dia höm ja mit dar Polizei
- A regelrachti Keilerei.
- Dar säigt: I hös gelasa,
- I ho mer ober nix draus gmacht,
- I ho gedoacht, wos tuats mi kümmern,
- Wenns ner doa haus bei uns niat kracht,
- Denn sou a Gaudi fahlet nou,
- Doa wär mer werkli übel drou.
- Wos senn dann dos för Frauazimmer?
- Fröagt nou doaraf dar Gunstajörg,
- Wos wölla dia denn doa bezwecken,
- Weils zammamacha sou a Gwörg!
- Dia mössa doch in Schild wos führ,
- Süst tetens doch niat sou runnir.
- In Reichstog wöllas nei die Luder,
- Ja sotti Schpaßli höm a End,
- Höm denn dia Weiber niat in Haus scho
- A sou wia sou as Regiment?
- In Reichstog wölles a no nei!
- A Dunnerwatter houls doch glei.
- Dos wöllt i meiner glei austreib,
- Säigt nou fei draf dar Leinawaber,
- Bei meiner Säal dia traffet i,
- I räid fei frisch wag vo dar Laber,
- Dia sollet si zo souwos räig,
- Doa könnt sa ho an Buckel Schläig.
- Dar Wognersmärt säigt: seid doch still
- Und räigt Euch doch doa drüa niat af,
- Bei uns künnt souwas ja niat vor,
- Doa gähts sein alt gewohnta Laf,
- Dos is bloas düba in England,
- Doa höms en Schlpeen, dos it bekannt.
- Denn unneri Weiber, dos it sicher,
- Fällt sou a Dummheit goar niat ei,
- Dia läiga ihri Kinna trucka
- Und lasse Politik schöa sei,
- Ja unneri Weiber höm Verschtand,
- Drüm sens a niat sou überschpannt.
- Der Michel schreit: dar Sepp hot Racht,
- Sepp schenk no gschwind eens ei,
- Aß i mi vorhi sou derzörnt,
- Dos war a rachti Narrathei,
- Wos ko mir on dia Weiber liag,
- Wenn dia in England führa Kriag.
- Polizeischtund its, dar Sepper säigt,
- I bitt euch, Männer gäht hetz häm,
- Meintwaga ko's dia ganzi Nocht
- Euch vo dia tolli Weiber träm,
- I will mi läig, i möigat schloaf,
- Guat Nocht mitnanner und seid broav.
Neben dem privaten hatte das Dorfwirtshaus in früherer Zeit auch einen amtlichen Charakter, da darin alle Verträge über Kauf, Verkauf, Eheabredungen u. a. vorgenommen wurden.
Mit dem sog. "Weinkauf", dem bei den Verhandlungen üblichen Weintrunk, wurde der Vertrag "besiegelt". Außerdem stand der Wirt auch im Dienste der Gemeinde, auf deren Kosten er durchreisende Beamte verpflegen mußte(8).
Auch Eßfeld hatte seine amtliche Wirtsschenke, wegen der Aufteilung des Dorfes unter verschiedene Dorfherren (Zindel, Wolfskeel) zeitweise sogar zwei. Die des Wolfskeelschen Anteils bestand aber im Jahre 1516 nicht mehr, das Haus war zerfallen und nur noch ein gewölbtes Kellerlein vorhanden, dessen Lage nicht genau angegeben werden kann.
Nach der Überlieferung befand sich die älteste Wirtschaft im Haus Nr. 89 (heute Josef und Anette Deppisch). Dort wurde heftig "gezwickt" (altes Glücksspiel), die Münzen standen in Strohnäpfen auf dem Tisch. Ein Bauer soll in einer Nacht ein Paar Ochsen verspielt haben. Urkundlich läßt sich dieses Gasthaus allerdings nicht nachweisen.
Nach den Zinsbüchern der Hofkammer von1642 und 1664 existierte zu dieser Zeit die einzige Wirtschaft "bei der Linden zwischen Kilian Stümmer und der Gasse", dies ist die einzige heutige Wirtschaft "Zum Löwen". Die angeführte Linde war die sog. "Dorflinde", der frühere Versammlungsort des Dorfes.
Das Gasthaus "Zum Löwen" heute
Das Wirtshaus "Zum Löwen" blieb nicht das einzige in Eßfeld. Nach dem Protokollbuch der Gemeinde Eßfeld existierten dort bis 1870 fünf Gasthäuser gleichzeitig.
Trotzdem stellte der Wagnermeister Johann Singer 1881 den Antrag, eine weitere Wirtschaft errichten zu dürfen. Dieser Antrag wurde mit dem Hinweis abgelehnt, daß die bestehenden Gasthäuser ausreichten.
Die Wirte dieser fünf Gasthäuser verpflichteten sich am 24. Februar 1824 vertraglich, sich monatlich bei der Beherbergung von Gästen abzuwechseln. Die Einteilung wurde auf dem Rathaus genau festgelegt.
Bei Übernachtungen von Handwerksburschen mußten diese zunächst zum Bürgermeister, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Danach wurden sie vom Wirt "gefilzt", das heißt, der Wirt leuchtete mit einer Lampe in ihren Hemdkragen. Liefen Parasiten auf das Licht zu, bekam der Gast ein Strohlager, war er "sauber", erhielt er ein Bett in der Futterkammer und dazu eine Kerze.
Die oben genannte Einteilungsliste ermöglicht es auch, die weiteren vier Wirtshäuser zu lokalisieren.
Das Gasthaus "Zum Stern" befand sich in Nr. 32 (Lesch Gerda). Später trug das Wirtshaus den Namen "Zur Traube", wurde aber meist nach dem Besitzer Johann Michel "s'Michels" genannt. 1826 wird in den Katastern Jakob Schnaz als "Metzgermeister und Heckenwirth" in Nr. 32 genannt. Über frühere Besitzer ist nichts bekannt. 1925 wurde von Johann Michel gegenüber dem Wirtshaus ein Tanzsaal errichtet, der heute als Wohnung dient.
Auch direkt neben dem Pfarrhaus befand sich ein Wirtshaus. Friedrich Pfeuffer richtete 1809 in der ehemaligen Salpetersiederei in Nr. 29 eine Brauerei mit Bierwirtschaft ein, die den Namen "Zum Roß" trug. Der Wirtshausbetrieb währte allerdings nicht lange. 1852 übernahm Johann Hieronymus Deppisch als letzter Bierbrauer die Wirtschaft. Das Haus wurde Anfang der 70er Jahre abgerissen.
Das Wirtshaus "Zum (Schwarzen) Adler" befand sich direkt neben dem Rathaus, in Nr. 24 (Mark Ernst). Erster Besitzer, der in den Matrikeln als "caupo-Wirt" bezeichnet wird, war Georg Werr, der die Wirtschaft wahrscheinlich Mitte des 18. Jahrhunderts einrichtete. Möglicherweise befand sich dort aber bereits früher die zweite der beiden amtlichen Wirtsschenken. Die Adlerwirtschaft war bis 1935 in Betrieb. Das alte Gebäude, das an der Vorderfront einen schmiedeeisernen Adler als Ausleger trug, wurde 1980 abgerissen.
Das fünfte Wirtshaus befand sich in Nr. 68 (heute neues Haus von Schott). Als erster "Bärenwirt" wird in den Matrikeln Johannes Braun geführt, der die Wirtschaft wohl Anfang des 19. Jahrhunderts einrichtete. Das Bärenwirtshaus wurde als "Weinwirtschaft" bezeichnet; es handelte sich also wahrscheinlich um eine Heckenwirtschaft, die hauptsächlich Wein ausschenkte und im Nebenerwerb betrieben wurde. Um 1900 kaufte der damalige Besitzer Georg Raps das Anwesen Nr. 39 (Raps Richard) und verlegte die Wirtschaft dorthin. Diese wurde wegen eines Wasserspeiers in Drachenform "Zum Drachen" genannt. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg aufgegeben. Heute betreibt Richard Raps in einem Nebengebäude mehrmals im Jahr eine Heckenwirtschaft.