Die Ochsenfurter Gautracht, die in Eßfeld getragen wurde, gehört wohl zu den prächtigsten und schönsten Trachten überhaupt. Während die Männertracht bereits vor dem Ersten Weltkrieg verschwunden ist, gibt es im Ochsenfurer Gau noch vereinzelt Frauen, die die Tracht bis heute tragen. Die letzte Trägerin der Gautracht in Eßfeld, Frau Justine Schöpf, ist 1995 verstorben. In Eßfeld setzte der Niedergang der Tracht bereits relativ früh ein, was wohl mit der Nähe zur Stadt Würzburg erklärt werden kann. Von dort kamen neue Modetrends ins Dorf, außerdem wollte man beim Gang in die Stadt nicht gleich als Bauer erkannt werden, was mit dem schwindenden bäuerlichen Selbstbewußtsein zusammenhängt.
Die hohe Festtagstracht
Die Frauentracht wurde individuell den jeweiligen Anlässen angepaßt. Die prächtigste Ausstattung, die sog. hohe Festtagstracht, wurde nur an den höchsten Feiertagen wie z. B. Ostern, Weihnachten oder Kirchenpatrozinium getragen. An Feiertagen mit geringerer Bedeutung, den sog. Mittelfeiertagen, war die Tracht etwas schlichter durch kleine Veränderungen in Farbe und Form. An den sog. kleinen Feiertagen wurde die Tracht noch einmal eine Stufe einfacher getragen. Neben der Tracht für die oben genannten Feiertage gab es eine vereinfachte Form für den gewöhnlichen Sonntagsgottesdienst. Für Trauerfälle war eine mehrfach abgestufte Trauertracht üblich. Die sog. Tieftrauertracht wurde beim Tod naher Verwandter getragen. Sie war fast ganz in schwarz gehalten, einziger Schmuck waren silberne Verzierungen. Die Tieftrauer dauerte ein Jahr, danach begann das Abtrauern, die Tracht war dann nicht mehr schwarz, sondern lediglich in dunklen Farben gehalten.
vlnr.: Lena Mall (geb. Raps),
Lona Ohrenberger (geb. Feser)
und Rosa Fleischmann (geb. Raps)
beim Kirchgang
Für die Arbeit auf dem Feld oder die tägliche Hausarbeit
waren die festlichen Trachten völlig ungeeignet, für die Werktage gab es daher
eine eigene einfache Tracht.
Der auffälligste
und beeindruckendste Teil der Frauentracht war der sog. Mutzen, eine kurze
Jacke, die reichlich mit allerlei Plättchen, Perlen, Gold- und Silberfäden
bestickt war. Besonders auffallend waren die hochgezogenen Schinkenärmel. Eine
Bäuerin besaß eine Vielzahl von Mutzen, die entsprechend dem Anlaß, zu dem er
getragen werden sollte, verschieden aufwendig gearbeitet waren. Dieser wurde später
häufig zu Kitteln umgeschneidert, was zu mehr Bequemlichkeit, aber auch zu
einem moderneren Aussehen führen sollte. Neben dem Mutzen war die Schürze der
imponierendste Teil der Tracht. Auch sie existierte in unterschiedlichsten Ausführungen,
entsprechend den verschiedenen Anlässen. Auffällig sind die breiten
Zierborten, die in der Mitte ein großes „M“ bilden. Dieses „M“ soll der
Überlieferung nach „mogst mi?“ (magst du mich?) bedeuten.
Unter der Schürze
wurden mehrere Röcke getragen. Der oberste Rock war der Bänderrock, darunter
kam ein Unterrock mit Spitzen, gefolgt vom Wattrock, der dafür sorgen sollte,
daß die Röcke weit „strotzten“ (abstanden), er wurde deshalb auch „Strotzrock“
genannt. Unter diesen Röcken folgten wiederum mehrere Unterröcke, die je nach
Jahreszeit variiert werden konnten. Eine Bäuerin konnte so bis zu sieben Röcke
übereinander anhaben.
Auf dem Kopf hatten
die Frauen bis zur Jahrhundertwende eine Bänderhaube, danach nur noch zu
vereinzelten besonderen Anlässen. Sie wurde später durch ein Kopftuch ersetzt,
das allerdings nur von verheirateten Frauen getragen wurde.
Auch die Haartracht war sehr aufwendig. Beim „Zöpfen“ wurden viele Einzelzöpfe zu zwei breiten Zöpfen zusammengeflochten. Diese wurden so über den Kopf gelegt, daß die Ecken wie Taschen aussahen. Die Herrichtung der Haartracht war sehr zeitaufwendig, es wurde daher nur alle 2 bis 3 Wochen gezöpft. Heute gibt es nur noch sehr wenige Leute, die diese kunstvolle Frisur herrichten können.
Gautracht bei Festzug 1995
vlnr.: Kerstin Klingert,
Leni Landwehr, Hedwig Beetz
Ergänzt wurde die
Tracht von verschiedenen Schmuckstücken, die ebenfalls je nach Anlaß variiert
wurden. Besonders auffällig war eine schwere reichverzierte Goldkette mit einem
großen Kreuz. Von der Größe der einzelnen Stücke konnte man auf den Reichtum
der Trägerin schließen. Da es in Eßfeld einige sehr reiche Bauern gab, war
die Eßfelder Version der Gautracht entsprechend prächtig. Gegenüber der
Frauentracht war die Tracht der Männer eher schlicht. Sie bestand aus einer
hirschledernen Kniebundhose, einer roten Weste mit großen Silberknöpfen und
einer Jacke, die mit kleinen silbernen Knöpfen verziert war. Die Anzahl der Knöpfe
ließ dabei auf den Vermögensstand des Trägers schließen. Sonntags ersetzte
ein Gehrock mit langen Schößen die Jacke. Als Kopfbedeckung trugen die Männer
einen großen dreieckigen Filzhut, den sog. Dreispitz, unter diesem manchmal
noch eine lange Zipfelmütze mit einer Quaste, die unter dem
Dreispitz hervorhing (1). Die sog. Haferlschuhe waren aus derbem schwarzen
Leder gefertigt und mit einer großen Silberschnalle verziert.
In Eßfeld wird die Tracht durch die Trachtengruppe bewahrt, die sie bei Festzügen und anderen feierlichen Anlässen zur Schau stellt. Auch die Musikkapelle hat eine an die Gautracht angelehnte Uniform, die Männer tragen eine beige Kniebundhose, dazu Schnallenschuhe, Janker und Dreispitz.